Chronik 1504
Die Chronik 1504 und Ausschnitte der "Schlacht" während des Peter und Paul Fests 2022.
Unser Stadtwachenheer ist fester Bestandteil der Darstellung und kommt, bis auf wenige Ausnahmen, unverletzt zurück.
Vorgeschichte
Herzog Georg "der Reiche,, von Bayern - Landshut hatte durch Testament vom Jahre 1496 den Sohn des Pfalzgrafen Philipp, den damals 15 jährigen Prinzen Ruprecht von der Pfalz zu seinem Erben und Schwiegersohn bestimmt. Als Herzog Georg am 01.12.1503 starb erhoben sich seine Gegner um diesen Erbfall zu verhindern, darunter Kaiser Maximilian und der Herzog von Württemberg.
Der Angreifer
Herzog Ulrich von Württemberg hatte am 18.05.1504 dem Pfalzgrafen in Heidelberg den Fehdehandschuh übergeben lassen. Sein Heer umfaßte 20.000 Fußsoldaten und 800 Reiter, die Hälfte davon Söldner, darunter die sogenannte "welsche Garde" - 87 Edelleute aus Frankreich mit 381 Pferden. An Geschützen besaßen die Angreifer
"die Muffel", "die Rose" die "Kettelin von Ulm," die Steinkugeln im Umfang von 35-40 cm werfen konnte und von der Reichsstadt Ulm - die berühmt war für ihre Geschütze - entliehen war
Die Verteidiger
Zur Ausbesserung der Stadtbefestigung hatte man bereits im August 1497 eine Anleihe von 200 Gulden aufgenommen. Die Einwohner von Rinklingen, Diedelsheim, Gölshausen, Sprantal, Ölbronn und Weingarten (70) wurden zur Mithilfe in die Amtsstadt beordert.
Das Amt Bretten selbst stellte nach einer Musterung durch den Hauptmann Jörg von Rosenberg im Frühjahr 1504:
- 30 "Spießer" Schweizer Spieß
- 13 Büchsenschützen Handbüchsen
- 19 Helmparter Hellebarden
dazu hatten alle einen langen Degen und ein langstieliges Beil (an einem Ring an der Brust oder am Gürtel).
Als Schutzbekleidung trug man einen Brustharnisch, einen Halsschutz sowie eine Beinbedeckung.
Das Amt Bretten hatte insgesamt:
- 62 Bewaffnete
- 6 Fuhrwerke
- 3 Reiswagen zum Transport der Bewaffneten
- 2 Proviantwagen
- 1 Streitwagen
- 2 Zimmerleute und 2 Maurer
zu stellen
Weiter verteidigten die Stadt:
- das Aufgebot der Landvogtei Ortenau
- zwei Fähnlein Landsknechte
- mehrere Kraichgauer Adlige sowie einige vom Pfalzgraf entsandte kriegserprobte adelige Offiziere bzw. Landsknechtführer, darunter zwei niederländische Edelleute.
Das oberste Kommando hatte der Niederländer Marsilius von Reiffenberg. Am 20 Juni trafen nochmals 1300 gut gerüstete Landsknechte trotz der Belagerung in der Stadt ein.
Geschütze:
- 23 kupferne Hakenbüchsen
- 1 schweres Geschütz (der "Balduff')
- 1 Steinbüchse
- 2 Schlangen
- 3 Halbschlangen
- 32 Hakenbüchsen
- 78 Handbüchsen
- 8 Tonnen Pulver
- zwei Tafeln Blei
- zwei Fässer mit Brandpfeilen
- eine halbe Tonne Schwefelringe.
Proviant:
Stadt + Kellerei
- 450 Malter Korn und Mehl
- 1160 Malter Dinkel
- 3230 Malter Hafer
- 114 Fuder ( = ca. 170.000 l) Wein
Der Ausfall
Nachdem sich die Hauptleute auf das Datum Freitag, den 28 Juni geeinigt hatten, was streng geheim gehalten wurde, rief man vor dem Tagesanbruch durch leichtes Trommeln die Verteidiger zusammen. Man sollte sich mit Verpflegung versehen und um sieben Uhr in Wehr und Waffen auf dem Marktplatz erscheinen. Der Plan wurde bekanntgegeben und die Einteilung vorgenommen. 500 nur gering bewaffnete Fußknechte bildeten den ersten oder "verlorenen Haufen" links und rechts flankiert von einer Abteilung Handschützen. Dahinter standen die Bürger und danach folgte der sogenannte "gewaltige Haufen" von etwa 1000 Landsknechten. Der Ausfall richtete sich nur gegen die Geschützstellungen. Die restlichen Bürger wurden auf die Stadtmauern zur Feindseite hin beordert um diesen unter Beschuß zu nehmen. Um acht Uhr begann der Ausfall. Der offene Platz zwischen dem großen und kleinen Gottesackertor wurde mit Planen verhängt, damit der Feind den Auszug nicht beobachten konnte. Nur der 'verlorene Haufen", sowie einige besonders eingeteilte Bürger (70) sollten in die Schanze eindringen, letztere um die Geschütze anzuseilen und in die Stadt zu bringen. Der "gewaltige Haufen" bezog mit zwei Karrenbüchsen am Gottesackertor Stellung und sollte nur eingreifen wenn die anderen dem Gegner nicht Herr würden.
Es konnten mehrere Geschütze in die Stadt gebracht werden, nur der Abtransport der "Kettelin von Ulm" mißlang, da die Ketten wegen des Gewichts rissen. Geschütze, die nicht abtransportiert werden konnten, wurden von einem Schlosserknecht vernagelt. Im Hauptlager rief der Angriff auf die Schanze große Verwirrung hervor; da man mit einem Angriff auf das Lager selbst rechnete, wurde eine Art Wagenburg errichtet. Erst langsam nahm der weit überlegene Gegner die Verfolgung auf, wurde aber durch gezielten Beschuß der Bürger auf der Stadtmauer aufgehalten.
Verluste:
Bretten: keine (Georg Schwarzerd) / 100 (ein Belagerer) / 100 + (Abt Trithemius)
Württemberger: 250 (Georg Schwarzerd) / 100 (ein Belagerer) / 100 +(Abt Trithemius)
Das Ende der Belagerung
Der Beschuß der Stadt ging schon am nächsten Tag weiter. An einem Tag wurden 335 Schüsse größeren Kalibers gezahlt. Am 01 .Juli schrieb der Herzog von Württemberg an Kaiser Maximilian, daß er trotz 13 Tage Belagerung nichts erreicht habe und er mehr Geschütze brauche. Am 2 Juli schloß Herzog Ludwig, der Sohn und Nachfolger des Pfalzgrafen in Knittlingen mit Ulrich einen Waffenstillstand. Für die Dauer des Krieges wurden Stadt und Amt Bretten von dem auf den Pfalzgraf geleisteten Treueid entbunden. Die Vereinbarung sah vor, daß Ullrich abzog und die Besatzung durfte sich mit anderen pfälzischen Truppen vereinigen, Ulrich erhielt die Geschütze und Gefangene gegen Lösegeld zurück. Beide Seiten verpflichteten sich, weder von Bretten noch von Maulbronn aus neue Feindseligkeiten zu eröffnen, da beide Plätze mit den zugehörigen Orten für die Dauer des Krieges "gefriedet und in Ruhe stehen" müßten.
(Text: Malte Zürn)